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"Ihr macht mich wahnsinnig!"- Wege zu mehr Gelassenheit

Ich bin ja oft in Seminaren, Fortbildungen und Gesprächsrunden unterwegs, in denen "Feedbackrunden" gang und gäbe sind und die Rückmeldung, die ich am häufgsten zu meiner Person höre, ist: "Du strahlst Gelassenheit aus", "Du bist die Ruhe in Person", "Ich wäre gern so cool wie Du"...

"Aha", denke ich mir da oft, "sprechen die da jetzt wirklich gerade von mir?"

Ich selbst nehme mich nämlich häufig als überhaupt nicht gelassen wahr, über zu Vieles rege ich mich auf, ärgere ich mich und finde, dass ich von buddha-artiger Erleuchtung meilenweit entfernt bin. Das ist die Sache mit der Selbst- und Fremdwahrnehmung, die im besten Fall zueinander passen. Aber das ist ein anderes Thema...


Irgendetwas scheine ich in puncto Gelassenheit nun doch auszustrahlen, was andere an mir bemerken und für gut befinden.

Krisenhafte und stressige Situationen habe ich beruflich schon sehr viele erlebt, im privaten Bereich glücklicherweise weniger. Oder sagen wir einmal weniger dramatische.

Ja, und es stimmt, mein Credo für krisenhafte und stressige Situationen ist "einen kühlen Kopf bewahren", "ruhig bleiben", "erst einmal durchatmen".


Kleiner Spoiler hier: Rate mal, in welchen Situationen oder bei wem mir das am allerwenigsten gelingt?

Richtig: Bei meinen Kindern! Frei nach dem Motto: "Hier bin ich Mensch, hier darf ich sein" werde ich da schon einmal lauter und/oder auch ungerecht.

Als mich neulich die Kinder mit ihrer Streiterei um den letzten Pfannkuchen so auf die Palme brachten (jeder zog an einem Teil des Pfannkuchens) und mir nichts Besseres einfiel, als ein Medienverbot für die ganze Woche auszusprechen, meinte mein Sohn (12 1/2) sehr ruhig und klar zu mir: "Das also soll jetzt gute Pädagogik sein!? Ich dachte, Du weißt, wie man mit Kindern umgeht?"

Ich: "Grrrrr...."

Und dann mussten wir alle herzlich lachen und ich sprach meinem Sohn ein Kompliment aus für seine scharfsinnige Analyse der Situation. Den Pfannkuchen versuchten wir dann noch in 2 einigermaßen gleich große Stück zu teilen und das Medienverbot reduzierte ich auf denselben Tag. So ganz mein Gesicht verlieren wollte ich dann doch nicht.

Als reflektierte Pädagog:innen sind wir uns natürlich darüber einig, dass Medienverbot in diesem Kontext eine ziemlich schwachsinnige Konsequenz ist und als reflektierte Pädagogin hätte ich anderen Eltern geraten, dass sie den Kindern das nächste gemeinsame Pfannkuchenbacken übertragen sollten ;-)

So, das war ein kurzer Ausflug in die Gefilde, in denen wir alle Menschen sind und manches einfach auch mal nicht so gut gelingt.


Dass Viele mich als so gelassen wahrnehmen, kommt vermutlich dennoch nicht so ganz von ungefähr und ich verrate Dir heute meine "Gelassenheits-Tipps", die auch mir nicht täglich "zufliegen", sondern, die ich mir immer wieder ins Gedächtnis rufe, bewusst mache und daran arbeite.


Auslöser erkennen:

Gehe einmal auf Spurensuche: Was bringt Dich leicht in Rage, welche Situationen sind es? Sind es bestimmte Menschen oder Eigenschaften an Personen, die Dich schnell "hochfahren" lassen?

Hier lassen sich meist schon bestimmte Muster erkennen und Du hast schon viel gewonnen, wenn sie Dir bewusst sind. Der nächste Schritt ist, Dich zu fragen, was das mit Dir zu tun hat? Denn auch hier sind es oft Erfahrungen, die wir mit uns herumtragen und die in Stresssituationen zum Tragen kommen.


Selbstfürsorge:

Dieses (leider) schon etwas abgedroschene und doch so wichtige Wort...

Ich meine damit dieses Paket aus Dingen, das Deinen Tag zu einem guten Tag macht und Dein Fundament bildet:

  • Schlaf

  • ausgewogene Ernährung

  • Bewegung

  • Pausen

  • sowie das, was für Dich sonst noch individuell wichtig ist, damit es Dir gut geht


Mit diesem Grundgerüst bist Du für Turbulenzen von außen schon einmal gut ausgestattet und es wird leichter, ihnen zu trotzen.


Wenn Du merkst, dass Dein Akku leer läuft, sorge dafür, dass Du ihn regelmäßig aufladen kannst. Er sollte nicht unter 50% sein.

Das ist ein bisschen anders als beim Handy ;-)



Humor:

Für diejenigen, die über sich selbst und ihre eigenen Blockaden und Stolpersteine lachen können, eröffnen sich ungeahnte Freiräume: im Fühlen, im Denken und im Verhalten.

Durch Humor können wir:

  • Abstand zur stressauslösenden Situation gewinnen

  • Spannungen lösen

  • durch den Perspektivwechsel zu neuen Lösungen gelangen

  • uns mit anderen Personen verbinden und eine Ebene finden -> Lachen verbindet z.B. viel mehr als Weinen!

  • uns an persönliche Stärken und Kompetenzen erinnern

  • Zugriff auf unser kreatives Potenzial gewinnen


Humor schenkt uns wieder Leichtigkeit und Situationen erscheinen uns plötzlich in einem anderem Kontext und damit lösbarer.

 

Atmen

Auch ein Dauerbrenner und ja: einfach unerlässlich.

Denn in Stresssituationen wird die Atmung automatisch flacher, es gelangt weniger Sauerstoff ins Blut, was den Stress verstärkt. Und Atemübungen sind zugleich die simpelsten und effektivsten Entspannungstechniken gegen Stress.


Als Stress-Sofort-Hilfe gilt eine bewusste Ausatmung:


Beobachte Deine Atmung für bis zu 10 Atemzüge (liegend, sitzend, stehend, ganz egal in welcher Haltung). Achte darauf, wie die Luft durch die Nase einströmt, wieder ausströmt und wie sich der Oberkörper dabei bewegt.

Verlangsame bewusst Deinen Atemrhythmus und hole tiefer Luft.

Zähle beim Einatmen bis 3 und beim Ausatmen bis 6. Die Ausatmung sollte doppelt so lang sein wie die Einatmung.

Wiederhole diese Übung etwa 10 Mal. Anschließend die Atmung wieder natürlich fließen lassen.



Eigenen Kontrollbereich kennen:

Mache Dir immer wieder bewusst, welches die Dinge sind, die Du wirklich verändern kannst und wohin Deine Energie fließen soll.


Es lohnt sich nicht, sich über unveränderbare Dinge wie das Wetter, den Nachbarn, der nie grüßt oder den Autofahrer, der mit zu 20 km/h vor Dir herschleicht, zu ärgern. Der Ärger bleibt Dir, verändern wird sich nichts.

Stattdessen fokussiere Dich auf die Dinge, die tatsächlich im Rahmen Deiner Möglichkeiten liegen.



De-Eskalation in der Kommunikation:

In einer eskalierenden Situation aggressiv, provokant und vorwurfsvoll zu reagieren, führt zu- Du weißt es- weiterer Eskalation. Daher ist es wichtig, sich (vorher schon) Strategien anzueignen, die de-eskalierend wirken:

  • ruhige Stimme, ruhigen Ton bewahren (siehe auch Atmung ;-)

  • offen nachfragen: Was genau ist passiert? Wie kommst Du darauf? Was macht Dich so wütend?

  • auf Bewertungen, Vorwürfe, Provokationen verzichten

  • Provokationen, Aggression der anderen Partei ignorieren und/oder ruhig die eigene Grenze markieren: "ich möchte nicht, dass du in diesem Ton mit mir sprichst", "du bist sehr aufgebracht"

  • sich aus der Situation herausnehmen, entfernen mit der Ansage: "ich muss darüber nachdenken", "lass uns morgen nochmal darüber sprechen"



Der Weg zu mehr Gelassenheit verlangt ganz schön viel (Vor-) Arbeit und ich fürchte, sie endet nie. Immer wieder "geraten" wir in Situationen, in denen wir nicht gelassen sind (siehe mein kleines Alltagsbeispiel ;-) Gleichzeitig können wir daran wachsen, uns kleine Schritte fürs nächste Mal vornehmen und uns anders wappnen.

Und natürlich dürfen (und sollen) auch Wut und Ärger mal raus- wichtig dabei ist der "richtige Ton". Je besser wir uns selbst kennen, umso authentischer und souveräner können wir re- und agieren und dazu beitragen, dass Situationen nicht eskalieren.


Und wer profitiert davon am meisten? Wir selbst und unsere Mitmenschen! (aka Kinder ;-)






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