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Warum "Du schaffst das" eine problematische Botschaft sein kann


Wenn wir unsere Mitmenschen und vor allem auch unsere Kinder oder Schülerinnen und Schüler ermutigen und stärken wollen, geben wir ihnen oft gutgemeinte Sätze mit wie "Du schaffst das", "Das wird schon", "Das kannst Du ganz sicher".

Meist gilt es, eine Herausforderung, eine Prüfung oder den wortwörtlichen Sprung ins kalte Wasser zu meistern und mit verschiedensten Ängsten, Sorgen und Bedenken konfrontiert zu sein.


Als erwachsenes Gegenüber schlüpfen wir dabei oft schnell in die Rolle des Motivators und versuchen mit Sätzen wie "Du schaffst das", den Kindern zu vermitteln, dass sie alles erreichen können, wenn sie nur hart genug arbeiten und sich genügend anstrengen. Die Botschaft ist positiv, soll motivieren und das Selbstvertrauen der Kinder stärken.

Soweit, so gut.

Es gibt auch ein paar gute Gründe, die dagegen sprechen, "Du schaffst das" und Co. inflationär zu verwenden.

Ich zeige Dir welche und warum:



1. Unrealistische Erwartungen

Wenn wir Kindern sagen, dass sie alles schaffen können, setzen wir manchmal unrealistische Erwartungen. Es gibt Gegebenheiten von außen, die darüber bestimmen, was jemand schaffen kann und was nicht. Diese können gesundheitlicher, medizinischer, finanzieller oder struktureller Art sein. Wir haben es nicht immer in der Hand, wie es um unsere Gesundheit, unsere Finanzen oder strukturellen Bedingungen bestellt ist. So kann aufgrund körperlicher Gegebenheiten eben nicht jede:r Pilot:in oder Profi-Sportler:in werden. Auch dass Kinder, die in Spanien aufwachsen, eher keine Skirennfahrer:innen werden, halte ich für sehr wahrscheinlich. 


Es ist gut, Kindern zu vermitteln, dass sie ihre Träume verfolgen sollen und dürfen. Gleichzeitig sind wir Erwachsenen auch mit verantwortlich, die Realität dabei nicht aus den Augen zu verlieren.


2. Druck und Angst

Die Botschaft “Du kannst alles schaffen” kann gleichermaßen zu Druck führen. Kinder könnten glauben, dass sie versagen, wenn sie ihre Ziele nicht erreichen. Sie könnten das Gefühl vermittelt bekommen, dass es keine Alternative zum Meistern dieser bestimmten Aufgabe gibt und die Eltern enttäuscht sein werden oder sie nicht mehr lieb haben.

Indem wir Ängsten mit "Du schaffst das" begegnen, nehmen wir zudem das Kind nicht ernst und ignorieren das mögliche Bedürfnis darüber zu sprechen, was passiert, wenn es die Aufgabe wirklich nicht schaffen sollte.



3. Scheitern als Lernchance

In unserer "Du-kannst-alles-schaffen-Welt" vergessen wir oft, dass Scheitern ein natürlicher Teil des Lebens ist. Es ist gut und wichtig, dass Kinder durch eigene Erfahrungen lernen, dass Scheitern eine Gelegenheit ist, zu wachsen und sich zu verbessern. Nur so können sich Resilienz und Frustrationstoleranz entwickeln und Kinder lernen, wie man mit Rückschlägen umgeht, aus ihnen lernt und dann einen neuen Versuch startet.



4. Selbstwertgefühl und Identität

Das Selbstwertgefühl eines Kindes hängt oft davon ab, wie erfolgreich es ist. Wenn wir ihm ständig sagen, dass es alles schaffen können, kann dies zu einer übermäßigen Identifikation mit seinen Leistungen führen. Scheitern und Misserfolge sind dann umso schlimmer und werden als Scheitern der ganzen Person angesehen. Es ist wichtig, Kindern zu vermitteln, dass ihr Wert als Mensch nicht von ihren Erfolgen oder Leistungen abhängt.



Welche Botschaften sind stattdessen hilfreich?


Kinder fühlen sich gesehen, wenn erwachsene Bezugspersonen auf ihre Ängste und Sorgen in der jeweiligen Situation eingehen. Hier kann man mit dem Kind zusammen darüber sprechen, was passiert, wenn das Kind "es nicht schafft". Es ist eine große Entlastung für Kinder, wenn Eltern ihnen signalisieren, dass für sie keine Welt zusammenbrechen würde und Misserfolg auch nichts an ihrer Liebe ändert. Auch der Entwurf eines Plan B, falls das Ziel nicht erreicht wird, ist für Kinder sehr hilfreich und nimmt ihnen Druck.



Alternative Botschaften zu "Du schaffst das" können sein:


  • "Du bist nervös. Das darf sein."

  • "Was könnte denn passieren?"

  • "Wie kann ich Dich unterstützen?"

  • "Etwas ähnliches habe ich als Kind auch mal erlebt. Willst du wissen, was mir geholfen hat?"

  • "Komm wir überlegen mal einen Notfallplan: Wenn xy eintritt, was kannst du denn dann tun?"

  • “Du bist nicht allein!”

  • “Du darfst Fehler machen!”

  • “Es ist okay, wenn du etwas noch nicht kannst!”

  • “Du bist mutig!”



Und natürlich- wie immer- kommt es an auf unsere.... na....?

Ja natürlich:

Auf die Haltung kommt es an!



Indem wir unseren Kindern mit unserer Haltung vermitteln:

...."Du darfst es versuchen. Ich bestärke dich in deinem Vorhaben. Wenn es klappt, freue ich mich mit dir und wenn nicht, fange ich dich auf, begleite dich und bin für dich da",

geben wir ihnen die Freiheit, Dinge auszuprobieren ohne Angst vor Misserfolgen haben zu müssen.


Diese Botschaft stärkt nicht nur die Kinder in ihrem Selbstwert, sondern lehrt sie auch, mit Herausforderungen umzugehen und aus ihnen zu wachsen. Letztendlich legen wir damit den Grundstein für die berühmten Wurzeln und Flügel.


Übrigens gilt das Ganze natürlich auch für uns Erwachsene untereinander: Wie sehr meinst Du, fühlt sich eine Freundin oder ein Freund gesehen, wenn sie oder er Dir von der Befürchtung, "wieder nicht schwanger zu sein" oder von einer komplizierten Trennung erzählt hat und von Dir hört: "Du schaffst das, "Das wird schon wieder"?


Scrolle am besten nochmal nach oben zu den Alternativen ;-)







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