Wenn Eltern ausrasten: Was Kinder wirklich von uns lernen
- Kristin Frank
- 22. Mai
- 3 Min. Lesezeit
Ich sag's Dir: Da verlässt man für ein paar Tage mal die gewohnte Umgebung- schon lauert das Abenteuer an jeder Ecke...
Heute möchte ich eine Beobachtung aus meinem letzten Urlaub mit Dir teilen:
Wir waren zu sechst in Südtirol unterwegs, meine Familie, meine Eltern und ich. Es war ein schöner frühlingshafter Tag, wir hatten unser Auto, in das alle reinpasssen, an einem Wanderparkplatz abgestellt, eine wunderschöne Wanderung gemacht und waren nun frohgemut wieder in Richtung Parkplatz unterwegs. Dieser befand sich längs entlang einer Serpentinen-Straße auf der rechte Seite. Auf dem Weg zum Auto nahm ich ein stehendes Auto (deutsches Kennzeichen) auf der anderen Straßenseite wahr, das sich wohl dort positioniert hatte, um auf einen freien Parkplatz zu warten. Unser Auto befand sich zufällig genau auf dessen Höhe. Während wir damit beschäftigt waren, Rucksäcke zu verstauen und Kinder und Großeltern auf die Rückbank zu bugsieren, kam plötzlich ein weiteres Auto (auch mit deutschem Kennzeichen) von oben die Straße herunter. Ohne zu zögern, schob es sich zwischen uns und das wartende Auto und fing an zu blinken. Der Fahrer des wartenden Autos ließ seine Scheibe herunter und sagte: "Moment mal, ICH werde da jetzt einparken." Die Reaktion der anderen Partei war für uns nicht hörbar, es dauerte jedenfalls keine 30 Sekunden und die Situation eskalierte komplett. Der Fahrer des wartenden Autos begann völlig außer sich zu schreien (Worte, die ich alle nicht schreiben möchte): "Du A......,Du W... f... d... , ich warte hier seit einer halben Stunde auf einen Parkplatz, ich habe zwei kleine Kinder im Auto, Du blödes A...." Er war drauf und dran auszusteigen und konnte gerade noch von seiner Frau zurückgehalten werden, während er weitere Kraftausdrücke schrie. Die andere Partei schien den Ernst der Lage erkannt zu haben und fuhr schließlich davon. Auch wir verständigten uns darauf, dass dies nicht der Zeitpunkt für konstruktive Gespräche oder eine Einmischung unsererseits sei und beeilten uns, wegzufahren. Im Auto entspann sich natürlich eine familiäre Nachbesprechung (Anmerkung: solche Dinge liest Du dann in der Rubrik "aus dem Hause Frank" exclusiv in meinem monatlichen Newsletter ;-) .
Warum ich Dir diese Szene erzähle?
Weil ein Satz des aufgebrachten Mannes mich besonders nachdenklich gemacht hat:
„Ich habe zwei kleine Kinder im Auto.“
Und genau diese beiden Kinder haben in diesem Moment erlebt, wie ihr Vater in einer – zweifellos ärgerlichen, aber alltäglichen – Situation vollkommen die Kontrolle verliert. Wut, Geschrei, Beleidigungen – all das direkt vor ihren Augen.
Was Kinder in solchen Momenten wirklich lernen, hat nichts mit Worten zu tun.
Sie erleben: So geht man mit Frust um. So reagiert man auf Stress. Ob bewusst oder unbewusst – das prägt.
Wahrscheinlich war es nicht das erste Mal, dass sie ihren Vater so erlebt haben.
Eltern sind der Kompass. Dein Kind folgt Deinem Verhalten.
Kinder tun nicht, was wir sagen. Sie tun, was wir tun. Wir können ihnen noch so oft erklären, wie wichtig Respekt ist, dass man ruhig bleiben oder Konflikte friedlich lösen soll. Wenn sie erleben, dass wir anders handeln, verinnerlichen sie genau das. Kinder lernen durch Beobachtung und wir sind ihr wichtigster Orientierungspunkt.
Keine Sorge – Du musst nicht perfekt sein. Das geht gar nicht. Auch ich wäre in dieser Parkplatz-Situation wütend gewesen. Hätte ich geschrien? Ganz sicher nicht.
Deshalb heute mein liebevoller Reminder:
Dein Verhalten zählt. Besonders dann, wenn’s schwierig wird.
Was kannst Du tun, wenn Du selbst unter Druck stehst?
Wir alle kennen diese Tage, an denen sich alles zu viel anfühlt:
Ein voller Kalender, Konflikte im Job, zu wenig Schlaf, eine kranke Oma, der vergessene Elternabend – und dann reicht es, dass einem jemand den Parkplatz wegschnappen will und wir explodieren.
Nicht, weil das so schlimm wäre. Sondern weil wir innerlich längst am Limit sind. Das ist menschlich. Aber genau hier liegt auch unsere Chance: bewusst zu reagieren, statt automatisch.
Hier ein paar konkrete Impulse für solche Momente:
Atem statt Angriff
Bevor Du etwas sagst oder tust, was Du später bereust: atme tief ein und langsam aus. So bastelst Du Dir Dein eigenes inneres Stopp-Schild. Klingt banal, aber dieser Moment kann sehr viel verändern.
Klarheit statt Kurzschluss
Frag Dich: Was ist hier gerade wirklich los? Geht’s wirklich um den Parkplatz, das umgeschüttete Glas, das unaufgeräumte Zimmer? Oder brauchst Du einfach mal eine Pause?
Worte finden für Emotionen
Sag, was in Dir los ist: „Ich warte hier schon seit einer halben Stunde auf einen Parkplatz und bin gerade total genervt.“ So schaffst du Verbindung, statt Verletzung.
Reparieren statt Rechtfertigen
Wenn Du Dich im Ton vergriffen hast, steh dazu. „Das war nicht fair von mir“ kann Wunder wirken – für Dein Gegenüber, aber auch für Dich selbst.
Du musst nicht perfekt sein. Du darfst bewusst sein.
Denn Kinder brauchen keine fehlerfreien Eltern. Sie brauchen Dich in echt, präsent und bewusst.
